Fahrradstraße

11

Fahrradstraßen erleichtern das Radfahren. Die Einrichtung von Fahrradstraßen ist ein verkehrslenkendes Instrument und wird dort eingesetzt, wo der Radverkehr die vorherrschende Verkehrsart ist. Oder auch dort, wo in Zukunft zu erwarten ist, dass der Radverkehr die vorherrschende Verkehrsart sein wird, sobald die Straße in eine Fahrradstraße verwandelt wird.fahrradstrasse244

Was ist eine Fahrradstraße?

  •  Straßen, die durch Verkehrszeichen 244.1 nach StVO als Fahrradstraße gekennzeichnet sind, dürfen nur von Radfahrenden befahren werden.
  • Andere Fahrzeugführer dürfen Fahrradstraßen benutzen, wenn dies durch ein Zusatzschild zugelassen ist (Anlieger frei / Kfz frei / o.ä.). Sie haben sich dann dem Radverkehr unterzuordnen.
  • Radfahrende dürfen generell nebeneinander fahren. Dies ist eine Sonderbestimmung, abweichend von der normalen Regel gem. §2 Abs. 4 StVO, wonach Radfahrer nur dann nebeneinander fahren dürfen, wenn sie den Verkehr nicht behindern.
  • Auf Fahrradstraßen gelten des weiteren die allgemeinen Verkehrsvorschriften.
  • Es gilt als Höchstgeschwindigkeit für alle Fahrzeuge 30 km/h.  — Auch für Radfahrer.
  • Es gelten die allgemeinen Vorfahrtsregeln. Also im Regelfalle Rechts-vor-links.

Welche Voraussetzungen gelten für Fahrradstraßen? (Neue VwV!!!!)

Nur wenn die bauliche und verkehrliche Situation die Voraussetzungen gem. den „Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zur Straßenverkehrsordnung“ erfüllt, dürfte eine Fahrradstraße angeordnet werden (pflichtgemäße Ermessensausübung; Bindungswirkung der VwV-StVO).

VwV Zu Zeichen 244.1 und 244.2 StVO  (Stand: 12.2021)

I. Die Anordnung einer Fahrradstraße kommt nur auf Straßen mit einer hohen oder zu erwartenden hohen Fahrradverkehrsdichte, einer hohen Netzbedeutung für den Radverkehr oder auf Straßen von lediglich untergeordneter Bedeutung für den Kraftfahrzeugverkehr in Betracht. Eine hohe Fahrradverkehrsdichte, eine hohe Netzbedeutung für den Radverkehr setzen nicht voraus, dass der Radverkehr die vorherrschende Verkehrsart ist. Eine zu erwartende hohe Fahrradverkehrsdichte kann sich dadurch begründen, dass diese mit der Anordnung einer Fahrradstraße bewirkt wird.

II. Anderer Fahrzeugverkehr als der Radverkehr und der Verkehr mit Elektrokleinstfahrzeugen im Sinne der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung darf in Fahrradstraßen nur ausnahmsweise durch die Anordnung entsprechender Zusatzzeichen zugelassen werden (z. B. Anliegerverkehr). Daher müssen vor der Anordnung die Bedürfnisse des Verkehrs mit Kraftfahrzeugen, die nicht unter die Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung fallen, ausreichend berücksichtigt werden (alternative Verkehrsführung).

III. Die dem fließenden Verkehr zur Verfügung stehende Fahrbahnbreite kann durch bauliche Maßnahmen oder Sperrflächen eingeengt werden. Auf Senkrecht- oder Schrägparkstände sollte grundsätzlich verzichtet werden.

IV. Das Zeichen 244.2 ist entbehrlich, wenn die Fahrradstraße in eine Fußgängerzone (Zeichen 242.1), eine Fahrradzone (Zeichen 244.3), eine Tempo 30-Zone (Zeichen 274.1) oder in einen verkehrsberuhigten Bereich (Zeichen 325.1) übergeht.

In der Praxis….

In der Praxis gibt es einen ziemlichen Wildwuchs. Viele Kommunalpolitiker glauben, sie könnten dem Radverkehr mit einem simplen Blechschild „Fahrradstraße“ etwas Gutes tun. Das ist natürlich Quatsch: es erinnert an das Mittelalter, wo man Seelenheil zu erlangen glaubte, indem man Ablassbriefe kaufte….

Im Grunde sind also viele „Fahrradstraßen“ in der Praxis nichts anderes als Tempo 30-Zonen, weil VwV-widrig uneingeschränkter Kfz-Verkehr zugelassen wird.

11 Kommentare

  1. RitterRost on

    Hallo,
    auf einer von mir oft befahrenen Strecke (Westring bzw. B51 von Recklinghausen nach Herne, innerorts) hat die Kommune sich sehr kreativ beholfen, um den Radverkehr von der Hauptverkehrsstraße zu verbannen, ihm aber nicht die dort geltenden Vorfahrtregelungen zu gewähren. Zwischen den Straßen Lackmanns Hof und Im Beismar hat man eine neben dem Westring befindliche „Straße“, die eher Zubringer und Parkstreifen für die Anwohner ist und folglich auch keinen eigenen Namen hat, zu einer Fahrradstraße erklärt. Damit der motorisierte Verkehr vom und auf den Westring ebenfalls nicht durch diese lästigen Radfahrer behindert wird, gilt für diese Fahrradstraße an allen Einmündungen und aus beiden Richtungen „Vorfahrt achten“ (VZ 205). Dazu zwei Fragen meinerseits:

    1. Darf eine Straße zu einer Fahrradstraße umgewidmet werden, die eigentlich keine ist? Oder anders gefragt: müsste dieser besser Parkstreifen jetzt nicht einen eigenen Namen bekommen und die Anwohner eine neue Anschrift?

    2. Da es sich ja hier nicht um einen zum Westring gehörenden Radweg gehört, sondern gemäß Ausschilderung um eine eigenständige Straße, müsste das Radfahren auf diesem ja erlaubt sein, oder? Es gibt ja sonst keinen Radweg, für den die gleichen Vorfahrtregeln wie auf dem Westring gelten.

    Im Voraus vielen Dank für eine Antwort.

    • Damit der motorisierte Verkehr vom und auf den Westring ebenfalls nicht durch diese lästigen Radfahrer behindert wird, gilt für diese Fahrradstraße an allen Einmündungen und aus beiden Richtungen „Vorfahrt achten“ (VZ 205).

      Bei Fahrradstraßen ist es nicht zwingend erforderlich, dass die Fahrradstraße mit Vorfahrt geführt wird. „Vorfahrt“ ist lediglich bei den „Radschnellwegen“ zwingend. Aber was man Euch da antut, ist unter aller Kanone. Jedenfalls nicht benutzungspflichtig und auch nicht benutzenswert.
      Wie geht es denn ‚Im Beismar‘ wieder zurück auf den Westring? Musst Du Dich da totfahren lassen oder ist die Einfädelung sicher gestaltet?

      Dazu zwei Fragen meinerseits: 1. Darf eine Straße zu einer Fahrradstraße umgewidmet werden, die eigentlich keine ist? Oder anders gefragt: müsste dieser besser Parkstreifen jetzt nicht einen eigenen Namen bekommen und die Anwohner eine neue Anschrift?

      Das ist wiederum **Bau**recht. Daran hat sich vmtl. nichts geändert. D.h. der Westwall 😉 wurde nach dem Krieg auf 100m Schneisen-Breite durch die Stadt gezogen und so auch für den allgemeinen Verkehr aller Art gewidmet. Eine Widmung im Einzelnen wird man nicht gemacht haben, das wäre unüblich und unpraktisch. Erst wenn dauerhaft und endgültig bestimmte Verkehrsarten verbannt werden, dann macht man eine ‚Einziehung‘: wenn der Westring zum Schwimmbad wird, dann müsste man ihn einziehen. – Aber wenn die Verkehrsbehörde Fahrradstraßen-Schilder hinstellt, dann ändert sich nichts daran, dass weiterhin Fußgänger dort laufen dürfen und dass im Ausnahmefall auch Kfz dort fahren dürfen (zumindest Anlieger). Fahrradstraße erfordert also keine Widmungsänderung bzw. Teileinziehung. (umgekehrt: Autobahn: da sind dann nur noch Töfftöff zugelassen…)

      2. Da es sich ja hier nicht um einen zum Westring gehörenden Radweg gehört, sondern gemäß Ausschilderung um eine eigenständige Straße, müsste das Radfahren auf diesem ja erlaubt sein, oder?

      Korrekt. Die ‚Anliegerstraße‘ ist sowohl räumlich als auch baulich deutlich abgesetzt. Deshalb nimmt sie ‚verkehrsrechtlich‘ nicht mehr an den Regeln der (großen) Vorfahrtstraße Teil. Solange die (große) Fahrbahn für Radfahrer nicht gesperrt ist, darfst Du dort fahren.

      Dazu zwei Fragen meinerseits: 1. Darf eine Straße zu einer Fahrradstraße umgewidmet werden, die eigentlich keine ist?

      In Hannover gab es mal ein Gerichtsverfahren. Dort war ein Autofahrer / Anlieger gegen eine Fahrradstraße vorgegangen, weil sie zu schmal war. Die Stadt Hannover hatte den Prozess verloren, die Schilder geändert, aber die Straße blieb wie sie ist. Das könnte bei Euch ebenso sein: ob da ein Fahrradstraßen-Schild hängt oder nicht, ändert nichts an den Verhältnissen. Radfahrer haben wohl keinen Vorteil.

      • RitterRost on

        [quote]Wie geht es denn ‚Im Beismar‘ wieder zurück auf den Westring? Musst Du Dich da totfahren lassen oder ist die Einfädelung sicher gestaltet?[/quote]

        Vor Lackmans Hof und nach Im Beismar wird der Radweg über den Gehweg geführt (VZ 241). Ehrlich gesagt ist mir das auch fast lieber. Der Westring ist halt die Hauptachse zwischen Rcklinghausen und Bochum und insgesamt die wohl am stärksten befahrene Straße in Herne. Ich habe halt nur keine Lust, mir da die Vorfahrt nehmen zu lassen, weil die Stadt bei uns so schnarchnasig ist. Würde also eher (erstmal) an die Stadt herantreten, als jetzt direkt auf die Bundesstraße auszuweichen. Ansonsten mal sehen, ob man sich mit anderen zu sowas wie einer „Critical Mass“-Aktion auf dem Westring zusammenfinden kann.

        Jedenfalls vielen Dank für die superschnelle Antwort. Ich habe in der Zwischenzeit auch schon herausgefunden, dass es wohl bezüglich der Anlage einer Fahrradstraße noch einige Ungeregeltheiten gibt. Ist ja noch verhältnismäßig neu das Ganze…

      • RitterRost on

        „Wie geht es denn ‚Im Beismar‘ wieder zurück auf den Westring? Musst Du Dich da totfahren lassen oder ist die Einfädelung sicher gestaltet?“

        Vor Lackmanns Hof und nach Im Beismar wird der Radweg auf dem Gehweg geführt (VZ 241). Ist mir sogar fast lieber, weil der Westring eben DIE Verkehrsachse in Herne ist und zudem die Städte Recklinghausen und Bochum direkt verbindet. Ich habe halt nur keine Lust, mir da die Vorfahrt nehmen zu lassen, weil unsere Stadt so schnarchig ist. Aber man muss auch sagen, dass sich an anderen Stellen so langsam was tut. Ich werde mal die Stadt kontaktieren, bevor ich mich unmotorisiert auf den Westring begebe und mein Leben riskiere. Und vielleicht kann man ja ein paar Wahnsinnige für so etwas wie eine „Critical Mass“-Aktion an der Stelle auftreiben. Mal sehen.

        Jedenfalls vielen Dank. Auch für die Schnelligkeit Deiner Antwort. In der Zwischenzeit habe ich noch rausgefunden, dass es bezüglich des Baus/Ausschilderns von Fahrradstraßen offenbar noch diverse Regelungslücken gibt. Scheinbar ist das Konzept noch zu neu.

  2. Hallo,
    bei uns in Elsdorf führt am Tagebaurand eine Straße entlang, die zwar dem Berbaubetreiber gehört, aber für den Verkehr freigegeben ist. Weil dort viel gerast wird, wurde jetzt daneben auf einer Seite ein Radweg gebaut. Dieser wird aber jetzt als „Fahrradstraße“ gekennzeichnet, obwohl er m. E. für beide Fahrtrichtungen zu schmal ist. Begründet wird dies so:
    „1.1 ein straßenbegleitender Geh- und Radweg würde eine Benutzungspflicht auslösen. Auf der Werksstraße dürfte dann nicht mehr Fahrrad gefahren werden. Da die Route auch von Rennradfahrern, die sich im sportlichen Training befinden, befahren wird, soll die Werksstraße von solchen Radfahrern weiter befahren werden dürfen;
    1.2 auf einem gemeinsamen Geh- und Radweg muss der Radverkehr Rücksicht auf den Fußgängerverkehr nehmen, auf einer Fahrradstraße darf sich der Fußgänger, wie bei allen anderen Straßen ohne Geh- und Radwege auch, am äußersten linken Rand der Fahrbahn bewegen – auf einer Fahrradstraße muss also der Fußgängerverkehr Rücksicht auf den Radverkehr nehmen;“
    D. h., es gibt eine Fahrbahn für Radfahrer und (eingeschränkt) für Fußgänger, diese müssen sie aber nicht benutzen, und die Gefährdung durch Autoraser bleibt bestehen.
    Ist das vernünftig?

    • Na ja, die Lösung ist einfallsreich, aber gewiss nicht verboten. Und tatsächlich sind ja alle denkbaren Beschilderungsalternativen auch nicht besser.

  3. Harald Beckenbach on

    In Eppelheim gibt es eine Fahrradstraße, die von den anderen Verkehrsteilnehmern nicht wahrgenommen wird. Es handelt sich um die Richard-Wagner-Straße von der Nr. 1 bis Nr. 9. In einem Zeitraum von 7.30 – 8.30 fuhren dort über 40 PKW als Anlüger durch die Straße. Anlüger ist derjenige, der ohne Anhalten durch die Straße fährt, weil es der kürzeste Weg zur Autobahn oder Ortsausgangsstraße ist. Was können wir Bewohner der Straße, die mehr als 300 Verkehrsverstöße, tag-für-tag anschauen müssen. Ein Hilferuf an das Bürgermeisteramt blieb ergebnislos.

    • Hi, mir ist die Sache nicht ganz klar: was ist mit ‚ohne Anhalten‘ gemeint? Und: welche 300 Verkehrsverstöße sind gemeint (ist die Fahrradstraße nicht für Kfz freigegeben?)Google Maps

    • Ich gehe davon aus, dass es in Ihrem Fall ein Zusatzschild gibt, das nur Anliegern mit Kfz die Benutzung der Fahrradstraße erlaubt?. Durchgangsverkehr, also Anlüger, dürfen die Straße dann eigentlich nicht benutzen. Das Problem wird sich nur baulich oder durch mehr Kontrollen lösen lassen. Weigert sich die Gemeinde, sich des Problems anzunehmen, ist das Einschalten des Bürgerbeauftragten in solchen Fällen oft erfolgreich. War es jedenfalls bei uns (anderes Bundesland). Für Baden-Württemberg ist das der Bürgerbeauftragte-BW, Konrad-Adenauer-Straße 3, 70173 Stuttgart, Telefon: 0711 13776530.

  4. Hallo Holger, wie ist das bei künstlichen Fahrbahnverengungen in Fahrradstraßen, haben sich die Autofahrer hier auch dem Radverkehr unterzuordnen oder muß der warten, auf dessen Seite die Verengung ist?

    MfG

Reply To Holger Cancel Reply