Räumpflicht auf Radwegen bei Eis und Schnee?

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Klimawandel zum Trotz: Haben Radfahrer ein Recht darauf, dass Radwege im Winter von Eis und Schnee geräumt werden? Die Antwort ist kompliziert:

Zuerst einmal haben die Radfahrer gar kein Anrecht. Vielmehr ist es umgekehrt, dass der „Pflichtige“ zur Räumung des Weges verpflichtet ist, sofern denn eine solche Pflicht besteht. – Aha. Mehr dazu unten.

Zum anderen muss man bei der weiteren Betrachtung sorgfältig unterscheiden:
zwischen a) Gehwegen, die für Radfahrer freigegeben sind sowie gemeinsame Geh-/Radwege, b) Radwege ohne Benutzungspflicht, c) Radwege mit Benutzungspflicht.
Im Falle c) Radwege mit Benutzungspflicht sind die Überlegungen zur Radwegbenutzungspflicht, siehe unten, von Belang.

a) „Gehwege, Radfahrer frei“ und „gemeinsamer Geh-/Radweg“

Die allgemeine Streupflicht von Gehwegen gilt NUR gegenüber Fußgängern. D.h. es wird auf die Geschwindigkeit und die Standfestigkeit von Fußgängern abgestellt. Wer dort mit dem Fahrrad fährt, kann nicht erwarten, dass der verpflichtete Anlieger in „Radfahrerqualität“ geräumt/gestreut hat. Vgl. Oberlandesgericht Oldenburg, Urteil vom 06.12.2002 – 6 U 150/02 –.

Zusammenfassung: „Gehwege / Radfahrer frei“ und „gemeinsame Geh- und Radwege“ müssen prinzipiell immer geräumt werden, weil Gehwege geräumt werden müssen. Aber die Räumqualität muss nur für Fußgänger ausreichend sein. Also aufpassen.

b) gemeinsame Geh-/Radwege

Hinsichtlich der Räumpflicht gilt genau das gleiche wie im Falle a)
Es ist unerheblich, (Zeichen 240, Radwegbenutzungspflicht)

b) Radwege ohne Benutzungspflicht,

Für Radwege ohne Benutzungspflicht gibt es in der Regel keine Räumpflicht. Z.B. im Nds. Straßengesetz wird die Räumpflicht ausdrücklich auf die Fahrbahnen und die Gehwege eingeschränkt.
Es kann allerdings sein, dass die Kommunen bestimmte Radwege freiwillig räumen, z.B. wenn sie ausgewiesene Schülerverkehr-Wege sind.

Zusammenfassung: Auf diesen Wegen muss nicht geräumt werden. Aber natürlich darf man als Radfahrer die Fahrbahn benutzen. Der Gehweg ist hingegen tabu.

c) getrennte Radwege mit Benutzungspflicht

Lt. Straßenrecht gilt zuerst einmal das Gleiche wie für b) Radwege ohne Benutzungspflicht.
Jetzt kommt aber das Straßenverkehrsrecht (Ordnungsrecht) ins Spiel, auf dessen Grundlage die Radwegbenutzungspflicht angeordnet wurde:

Wenn es den Behörden im Winter völlig egal ist, dass die Radfahrer auf der Fahrbahn fahren müssen, weil der Radweg nicht im Winterdienst einbezogen ist,
dann ist es auch im Rest des Jahres hinnehmbar, dass die Radfahrer auf der Fahrbahn fahren. –> Offensichtlich ist die Radwegbenutzungspflicht also gar nicht erforderlich. –> Ihr könnt die Aufhebung der Radwegbenutzungspflicht (Antrag auf Neubescheidung) beantragen. Die Behörde kann dann Ermessen ausüben und sich entscheiden, ob sie die Benutzungspflicht tatsächlich aufheben will oder ob sie den Weg in den Winterdienst einbeziehen will.

Zusammenfassung: Radwege mit Benutzungspflicht müssen nicht geräumt werden. Die Kommunen tun es i.d.R. aus Eigeninteresse. Wenn sie es nicht tun, hätte man Handhabe über das Straßenverkehrsrecht.

VG Hannover, Urt. v. 03.05.2012, – 7 A 3749/11 –
…. Der Kläger rügt auch zu Recht, dass die angebotenen Alternativrouten unverhältnismäßig sind, und zwar schon allein deshalb, weil sie nicht in das Räum- und Streuprogramm der Beklagten aufgenommen sind. ….

 

 

3 Kommentare

  1. Spannend ist die Kombination Gehweg (Radfahrer frei) außerorts, das gibts bei uns im Kreis überall, ganz nett, weil keine Benutzungspflicht, aber eig. will man ja nicht mit den Autos auf einer Fahrbahn fahren, die mit 100 km /h an einem Vorbeibrausen…

    • Spannend finde ich es weniger, das ist verkehrsrechtlich eine ganz schöne Krücke.

      Zumal wenn man es genau nimmt, darfst du dann auf diesem Wegen nur schrittgeschwindigkeit fahren – meine Vermutung ist das dies ausserorts zwar ignoriert wird und auch nicht geahndet …

      Aber eine wirkliche Alternative wird dir dann eben nicht angeboten.

  2. Die Stadt Essen (Ruhrgebiet) schafft es ja nicht einmal richtig die Autostraßen zu räumen; die übrigen Verkehrsanlagen werden bewusst ignoriert.

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