„Dal Brennero a Roma ? Bravi, bravi !“ — So der häufige Kommentar interessierter Italienerinnen und Italiener. Von den Amici della Bicicletta in Verona kam die Anregung zu dieser Radreise von den Bergen über die Berge zu den Bergen kurz „Ciclopista del Sole“ genannt. Vom Brenner bis nach Rom (irgendwann sogar bis nach Neapel) führt der „Sonnen-Radweg“. Wer die unvergleichlich schöne aber anspruchsvollere Route von ca. 950 km durch die Berge scheut, dem bietet die Alternativroute entlang der Rivieraküste nicht nur mehr Schonung, sondern auch stets den weiten Blick übers Meer.

Ciclopista del Sole
Dafür muss man allerdings ca. 250 km mehr zurücklegen. Wir haben uns für die Inlandroute durch die Berge entschieden, besitzt diese wohl die größte Vielfalt, die der italienische Stiefel zu bieten hat. Die Alpen mit ihren schneebedeckten Gipfeln, den schroffen Felsen und den überaus lieblichen Flusstälern der Eisack (Isarco) und der Etsch (Adige), deren Verlauf man auf zum Teil hervorragend ausgebauten Radwegen durch die Südtiroler Weinanbaugebiete bis in die Stadt von Romeo und Julia ohne nennenswerte Steigungen folgen kann. Alternativ gibt es die Empfehlung entlang des Gardasees. Also eine Entscheidung für Natur oder Kultur fällen. Wir wollten Verona sehen, vor allem aber auch unsere italienischen Fahrradfreunde besuchen. Selbstverständlich sind die Städte Südtirols vom heiteren Pfaffenstädtchen Brixen bis zur Provinzhauptstadt Bozen sowie auch Trient eine Visite wert.
Hat man die Alpen im Rücken, eröffnet die Po-Ebene einen äußerst kontrastreichen Gegensatz. Ein blühendes Agrarland flach wie Ostfriesland mit Flüssen, Kanälen und vielen Deichen sowie den eindrucksvollen Wasserläufen des mächtigen Po. Sehenswerte Städte wie Mantova, Modena und Bologna deren 32 km Arkaden zum ausgedehnten Bummeln einladen, machen die Fahrt durch die Lombardei zu einem genussreichen Radelerlebnis. Wer mit ein wenig italienisch den Kontakt zu den freundlichen Lombarden sucht, wird sich schnell in einer Weinrunde wiederfinden.

Ciclopista del Sole
Das mühelose Radeln ist nun aber erst einmal vorbei, gleich hinter Bologna türmt sich der Apennin auf, ein Bergrücken der sich durch ganz Italien zieht. In Anbetracht dessen, dass die Toskana bergmäßig noch einiges zu bieten hatte, haben wir den Rat unserer italienischen Radfreunde, die kräftezehrenden Passstrassen zu meiden befolgt, und sind von Bologna nach Florenz mit dem Zug gefahren (täglich 7.38 Uhr ein Zug mit Radtransport). Schließlich war die Fahrt mit dem Zug durch diese beeindruckende Bergwelt auch eine abwechslungsreiche Einlage.
Wer die phantastische Landschaft der Toskana in vollen Zügen genießen will, muss von der Geburtsstadt Dantes mit dem schönen Namen Florenz – wohl die kunstreichste Stadt Europas – zunächst einmal kräftig in die Pedale treten. Der Aufstieg in die Höhen der Chiantiregion ist ein wahrer Kraftakt. Die Schönheit der Toskana lässt die Mühen des ständigen Auf und Ab immer wieder schnell vergessen. Das riesige Naturerlebnis, die mittelalterlichen städtischen Kleinode wie Siena, Pienza und andere geben für sich schon Stoff für einen mehrseitigen Reisebericht. Weil bereits reichlich beschrieben, wollen wir deshalb hiermit die Toskana verlassen und den Weg ins Latium nach Rom fortsetzen.

Ciclopista del Sole
Weil jede Region auf ihren eigenen Wein schwört, geht es auf der ganzen Strecke immer wieder durch reizvolle Rebenanbaugebiete. Setzt man darüber hinaus in der Po-Ebene auf Kernobst und Kiwi, so liefert das Latium des weiteren die Oliven und Haselnüsse. Nach dem anstrengenden Part Toskana sind die überwiegend sanften Hügel und saftig grünen Flusstäler dieser Region eine willkommene Erholung. Bei Aquapendente stößt man dann auf den mittelalterlichen Pilgerweg nach Rom der „Via Francigena“ (Frankenweg), der mit nicht zu unterschätzenden Steigungen und Gefällen bis zum Vulkankratersee Lago di Bolsena zum ständigen Begleiter wird. Die etruskischen Städte wie Viterbo und Tuscania sind auf dieser Strecke von besonderem Interesse. Viterbo ist neben Rom sogar die interessanteste Stadt des Latium. Eine traumhafte Panoramastraße bietet nachfolgend der Vulkankratersee Lago di Bracciano etwa 50 km vor Rom. Der Rest des Weges auf der CICLOPISTA DEL SOLE führt durch ein berauschend schönes Flusstal in die Stadt der sieben Hügel, direkt auf den Petersplatz Piazza S. Pietro. In Anbetracht dieser beeindruckenden Kulisse zieht man dann auch sein Resümee, eine großartige Radreise auf einer durchdachten Route mit einem noch großartigerem Ziel. Für die weiteren Besichtigungen der pulsierenden Metropole Rom mit ihrem Zentrum der katholischen Welt lässt man sein Fahrrad am besten im Hotel. Dafür sollte man sich für diese 2000 Jahre alte Hauptstadt aber mindestens zwei Tage gönnen. Den Rückweg haben wir dann per Zug gemacht, jeden Tag gibt es um 16.12 Uhr von Rom Termini eine Zugverbindung mit Fahrradtransport nach München.
Rolf Kasper & Ute Merle
KOMPAKT
Strecke
Zwei Hauptrouten werden angeboten: die Zentralroute (CDS1) und die Küstenroute (CDS2). Bis Mantova verlaufen sie gemeinsam, spätestens hier muss man sich dann für Wasser oder Berge entscheiden. Die CDS1 führt über etwa 950 km zum Ziel, auf der CDS2 hat man es nach etwa 1150 km geschafft. Die Strecke ist unter dem Namenslogo noch nicht ausgeschildert. In ganz Südtirol kann man ihr aber auf dem ausgewiesenen Adige (Etsch)-Radweg folgen. Die Streckenführung verläuft fast überall auf verkehrsarmen asphaltierten Nebenstraßen, auf mögliche Konfliktbereiche wird in den Karten hingewiesen. Südtirol und Po-Ebene bieten ein ausgesprochen relaxtes Radeln auf überwiegend flachem Terrain und zunehmend gut ausgebauten Radwegen. Die größte Herausforderung stellt der östliche Apennin gleich hinter Bologna dar. Wer auf die Schinderei über die Pässe der Tausender verzichten will, dem bringt die gut eine Stunde Zugfahrt Bologna-Florenz einen Zeitgewinn von zwei Tagen und zusätzlich eine beindruckende Fahrt durch dieses Gebirge bis an den Rand der bezaubernden Toskana. Diese häufig als sanfthüglige beschriebene Landschaft hat es aber faustdick hinter den Ohren. Kurz und steil nach oben und so natürlich auch nach unten, lange flache Strecken sind eindeutig die Ausnahme. Was im Latium dann folgt, hat auch noch reichlich Hügel aufzuweisen, aber lange beschauliche Flusstäler und mehr oder weniger softhügelige Panoramastraßen wie an den Vulkankraterseen Bolsena und Bracciano sorgen in dieser Region bis nach Rom für ein ausgewogenes Streckenerlebnis.
Anreise
Mit der Deutschen Bahn AG über München nach Brenner(o) oder Brixen (Bressanone). Es verkehrt derzeit ein Zug (Brennerexpress) am Tag mit Fahrradtransport und ausreichend Stellplätzen (36), trotzdem scheint eine Reservierung angebracht. Rückfahrtmöglichkeit mit Fahrradtransport ebenfalls einmal täglich von Rom Termini nach Florenz (D 2314) (maximal 8 Fahrradplätze) und weiter mit dem Brennerexpress (E 288) zurück nach München. Zur Überwindung des Apennin von Bologna nach Florenz benutzt man ebenfalls den Brennerexpress.
Reisezeit
Wir haben April/Mai als hervorragende Zeit (Wetter) erlebt. Juli/August sind mit durchschnittlich 29° C die heißesten Monate, aber in der übrigen Zeit von Mitte April bis Mitte Oktober werden durchschnittlich um die 20° C gemessen. Von November bis März sollte man sich nicht in den Apennin wagen, da die Strecke oft über 1000 Meter verläuft und es nicht selten schneit. Im Frühjahr und Herbst regnet es in der Po-Ebene relativ häufig. Dort sollte man auch kräftige See- (tagsüber) und Landwinde (nachts) einkalkulieren. Abseits der Hauptferienzeit sind die Straßen von deutlich weniger Autos bevölkert, zudem ist es leichter, spontan Übernachtungsmöglichkeiten zu finden.
Unterkunft
Die Einteilung der Streckenabschnitte – siehe Streckentabelle in den Kartenkopien – ist so gewählt, dass man immer in einem Ort/einer Stadt ankommt, wo Hotels, Hostales oder agrotouristische Unterkünfte angeboten werden. Des weiteren gibt es auf der Strecke zahlreiche Campingplätze.
Eine nützliche Hilfe zum Finden einer beschaulichen Unterkunft bietet der Führer „Landurlaub in Italien“ (s. Literatur). Darin findet man edle alte Schlösser und Landgasthöfe zu vergleichsweise zivilen Preisen.
Öffnungszeiten/Einkaufen
Postämter/Banken: Mo-Fr 9-13.30 Uhr
Läden: Mo – Sa 9-12.30 und 16-19.30 Uhr, teilweise auch So vormittags
Karten
Reiseroute CPDS1 (Inlandroute): Karte 1 (Brenner bis Trento), Karte 2 (Trento bis S. Benedetto Po), weiter geht es mit dem Satz CPDS1-Kartenkopien (7 Blatt im Format A3, Maßstab 1:150 000).
Reiseroute CPDS2 (Küstenroute) Karte 1 (Brenner bis Trento), Karte 2 (Trento bis S. Benedetto Po), Karte 3 (Mantova bis Pontremoli), weiter geht es mit dem Satz CPDS2-Kartenkopien (8 Blatt im Format A3, Maßstab 1:150 000).
Italien
Literatur
Wir haben den leichten, aber informativen Marco Polo Italien – Festland mit Insider Tipps und Reiseatlas als gute Alternative benutzt. Detaillierte Infos bietet auch das Italien-Info des ADFC, das man auf der Website des ADFC unter www.adfc.de im Bereich Service/Europa-Infos findet. Weitere Tipps:
- Landurlaub in Italien. Ausgewählte Bauernhöfe und Landgüter. Große Auswahl für Toskana und Emilia Romagna. Landschriften Verlag Bonn
- Südtirol per Rad und Toskana per Rad (inkl. Umbrien), Kettler-Verlag, Berlin
- Bergradtouren in Südtirol, Athesia Verlag
- Fahrradreisen Südtirol, Pietsch Verlag
- Fahrradführer Toskana, Delius Klasing Verlag, Edition Moby Dick
- Radtouren in der Toskana, Bruckmann Verlag
- ADFC-Länderinfobank „Wer war wo?“. Datenbank mit individuellen Radreisen auch durch Italien. Faltblatt gegen Freiumschlag (56 Cent) beim ADFC anfordern.
Telefonvorwahl
- von Deutschland nach Italien: 0039
- von Italien nach Deutschland: 0049
Nützliche Adressen
- FIAB, Segretaria generale, c/o Amici Bicicletta, Viale Venezia 7, 30171 Mestre (VE), Tel./Fax. 041-921515, e-mail: fiab@poboxes.com,
- Italienisches Fremdenverkehrsamt ENIT, Kaiserstr. 65, 60329 Frankfurt, Tel. 069/237434, Fax 232894, Internet: www.itwg.com
- ENIT-Regionalbüro Berlin, Karl-Liebknecht-Str. 34, 10178 BERLIN, Tel. 030/2478347, Fax 2478399
- Italienische Eisenbahnen (FS), Ferrovie dello Stato, Ufficio Informazione, Milano Centrale, Tel. +263 2414, FS-Informa-Telefon 1478-88 0 88 (7-21 Uhr, nur innerhalb Italiens), Internet: www.fs-on-line.com. Prospekt „Bici en Treno“.
- Radfahrer-Hotline der DB, Tel. 01803/194 194 (0,12 DM/40 Sek.). Auskunft zur Fahrradmitnahme im In- und Ausland und zum Bahn- und Radurlaub einschließlich Buchung und Reservierung. Mo-Fr 8-18 Uhr, Sa 8-12 Uhr (März bis November, danach nur Mo-Fr 8-16 Uhr). Weitere Infos über die Bahn stehen im Internet unter www.bahn.de.