Nichtabhilfebescheid wegen Radwegbenutzungspflicht

0

Die Widerspruchsbehörde, Landkreis Diepholz, hilft dem Antrag auf Aufhebung der Radwegbenutzungspflicht bzw. auf Neubescheidung nicht ab. Sie steht voll und ganz hinter der Ordnungsbehörde der Kommune. Siehe Nichtabhilfebescheid:


 

LANDKREIS DIEPHOLZ
DER OBERKREISDIREKTOR

Herrn
Hxxxxx Oxxxx
xxxxxxxx
xxxxxxxxxxxxxxx

Ihr Zeichen                 Ihr Schreiben vom        Mein Zeichen (bei Antwort bitte angeben)          28857 Syke, Amtshof 3
SY 36.20 08                                   17.10.2001
SY 36.24 40 Woh/Röd

Radwegbenutzungspflicht in der Gottlieb-Daimler-Straße und xxxxxxxxx, Gemeinde Stuhr

Sehr geehrter Herr Oxxxx,
Ihr Widerspruch vom 29.04.2001 gegen die straßenverkehrsbehördliche Entscheidung der Gemeinde Stuhr ist zulässig. Der zulässige Widerspruch ist unbegründet und wird zurückgewiesen. Die Kosten des Verfahrens haben Sie zu tragen.

Begründung:

Sie haben in Ihrer Eigenschaft als Verkehrsteilnehmer gegenüber der örtlich und sachlich zuständigen Straßenverkehrsbehörde (Gemeinde Stuhr) Sicherheitsmängel geltend gemacht, die aus Verkehrszeichenregelungen im Verlauf der Gottlieb-Daimler-Straße (Abschnitt zwischen der B 6 und der Kreuzung Rudolf-Diesel-Straße/Robert-Koch-Straßc) resultieren. Konkret richtet sich Ihr Widerspruch gegen die Anordnung des Verkehrszeichens 240 StVO (Gemeinsamer Fuß- und Radweg) und die damit ausgesprochene Radwegbenutzungspflicht.
Zur Vermeidung von Wiederholungen verweise ich auf die Ziffern 2.1 – 2.6 meiner Anhörung vom 18.09.2001, die Bestandteil dieser Entscheidung sind.
Ob und gegebenenfalls welche Teilabschnitte einer Straße durch entsprechende Anordnung der Beschilderung gemäß § 41 Abs. 2 Nr. 5 Straßenverkehrsordnung (StVO) vom 16.11.1970 (BGBl. I S. 1.565) zuletzt geändert durch Verordnung vom 11.12.2000 (BGBl. I S. 1.690) mit Verkehrszeichen 240 StVO als Sonderweg ausgewiesen werden, entscheidet die Gemeinde Stuhr – Straßenverkehrsbehörde – im Rahmen der Ermächtigung nach pflichtgemäßem Ermessen.

Die Verkehrsregelungsbefugnis der Straßenverkehrsbehörden (§ 45 Abs. 1 StVO) ist grundsätzlich auf den Schutz der Allgemeinheit und nicht auf die Wahrung der Interessen Einzelner gerichtet. Die Vorschrift in § 45 Abs. 1 StVO gewährt dem Einzelnen einen auf ermessensfehlerfreie Entscheidung, begrenzten Anspruch auf verkehrsrcgclndcs Einschreiten nur, wenn die Verletzung seiner öffentlich-rechtlich geschützten Individualinteressen, insbesondere des Rechts auf körperliche Unversehrtheit und des Eigentums in Betracht kommt. Ein derartiger Fall ist gegeben.
Die Gemeinde Stuhr hat von dem ihr eingeräumten Ermessen fehlerfrei in der Weise Gebrauch gemacht, dass sie im Interesse der Verkehrssicherheit und der Leichtigkeit des Verkehrs eine Trennung des Radfahrverkehrs vom motorisierten Verkehr vorgenommen hat, indem sie Teile des Sonderweges an der Nordseite der Gottlieb-Daimlcr-Straße mit dem Verkehrszeichen 240 StVO als gemeinsam von Fußgängern und Radfahrern zu benutzende Verkehrsfläche ausgewiesen hat. Sie verlegt die Verlagerung des Rad fahr Verkehrs vom Sonderweg auf die Fahrbahn der Gottlieb-Daimler-Straße in einen Bereich mit vergleichbar deutlich geringerer Verkehrsbelastung.
Der Entscheidungspielraum der Gemeinde Stuhr war auch nicht deshalb im Sinne der von Ihnen begehrten Regelung eingeengt, weil Verkehrsflächenbreiten (Regelbreiten), die sich aus der Verwaltungsvorschrift zu § 2 Abs. 4 Straßenverkehrsordnung ergeben und bei Anordnung der Radwegbenutzungspflicht vorhanden sein sollen, nicht in der empfohlenden lichten Breite zur Verfügung stehen. Vielmehr hat die Gemeinde Stuhr in Ausübung des ihr eingeräumten Ermessens – für mich nachvollziehbar – nach sorgfältiger Überprüfung der Örtlichkeit und der verkehrlichen Verhältnisse von den Mindestmaßen abweichend ausnahmsweise die Radwegbenutzungspflicht angeordnet. Diese Möglichkeit lässt die Verwaltungsvorschrift II Nr. 2 a zu § 2 Abs. 4 Satz 2 StVO – Rd.-Nr. 22 – ausdrücklich zu. In der Örtlichkeit konnte ich mich davon überzeugen, dass die Voraussetzungen für die Kennzeichnung des Sonderweges mit Verkehrszeichen 240 StVO im übrigen erfüllt werden.
Die Vorschriften in § 45 Abs. 1 StVO ermächtigen und verpflichten die Straßenverkehrsbehörde dazu, die aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs im Allgemeininteresse erforderlichen Maßnahmen in ständiger Anpassung an die sich verändernden verkehrlichen Verhältnisse und sonstigen Gegebenheiten zu treffen. Dieser Verpflichtung ist die Gemeinde Stuhr Ihrem Hinweis folgend durch Prüfung der Situation nachgekommen.
Im Widerspruchsverfahren kann die ordnungsgemäße Ausübung des Ermessens auch mit Blick auf die beachtlichen, damit auch ermessenslenkenden Verwaltungsvorschriften zur Straßenverkehrsordnung in allen Punkten nachvollzogen werden.

Nach Prüfung aller mir vorliegenden Unterlagen und Einbeziehung Ihrer Argumentation sehe ich keine Veranlassung, die Entscheidung der Gemeinde Stuhr in der Fassung des Bescheides vom 20.07.2001 abzuändern bzw. aufzuheben. Vielmehr ist die Entscheidung der Gemeinde Stuhr nicht zu beanstanden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 73 Abs. 3 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 19.03.1991 (BGBl. IS. 686) in der zur Zeit gültigen Fassung i. V. m. den §§ 1 und 4 der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr (GebOSt) vom 26.06.1970 (BGBl. I S. 865) in der zur Zeit gültigen Fassung.
Die Höhe der Kosten entnehmen Sie bitte dem beigefügten Kostenfestsetzungsbescheid.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen den Bescheid der Gemeinde Stuhr kann innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Widerspruchsbescheides Klage beim Verwaltungsgericht Hannover, Eintrachtweg 19, 30173 Hannover, Postfach 61 22, schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle dieses Gerichts erhoben werden.

Die Klage wäre gegen die Gemeinde Stuhr zu richten.

 

 

LANDKREIS DIEPHOLZ
DER OBERKREISDIREKTOR
Herrn
Hxxxxx Oxxxx
xxxxxxxx
xxxxxxxxxxxxxxx
Radwegbenutzungspflicht in der Gottlieb-Daimler-Straße und xxxxxxxxx, Gemeinde Stuhr; Ihre Widersprüche
Sehr geehrter Herr xxxxxxxxx,

die Gemeinde Stuhr – Straßenverkehrsbehörde – hat mir Ihre Eingaben vom 29.04.2001, die Radwegbenutzungspflicht in der Gottlieb-Daimler-Straße in Stuhr-Brinkum und vom 13.05.2001 die xxxxxxxxxx betreffend vorgelegt. Die Vorlage erfolgte auf Ihren ausdrücklichen Wunsch, diese Eingaben als Rechtsbehelf (Widerspruch gegen die Anordnung der Radwegbenutzungspflicht) zu behandeln.

Den Rechtsbehelf gegen die Anordnung der Radwegbenutzungspflicht für Teile des Sonderweges in der Gottlieb-Daimler-Straße beabsichtige ich, aus den nachfolgenden Gründen kostenpflichtig abzuweisen.

1. Der Widerspruch ist zwar form- und fristgerecht eingelegt, jedoch unzulässig. Sie rügen mit Blick auf die Verkehrsregelung für die „Gottlieb-Daimler-Straße” in Ihrer Eigenschaft als Verkehrsteilnehmer eine Verletzung von Rechten durch fehlerhafte Ausübung des der Gemeinde Stuhr, Straßenverkehrsbehörde, eingeräumten Ermessens.

Die zuständige Straßenverkehrsbehörde hat im Rahmen ihrer Ermächtigung nach pflichtmäßigem Ermessen zu entscheiden, ob und wie Verkehrsregelungen vorzunehmen sind. Diese Vorschrift ist grundsätzlich auf den Schutz der Allgemeinheit und nicht auf die Wahrung der Interessen einzelner gerichtet. Die gesetzliche Ermächtigung gewährt dem einzelnen einen – auf ermessensfehlerfreie Entscheidung der Behörden begrenzten – Anspruch auf verkehrsregelndes Einschreiten nur in bestimmten Fällen, nämlich dann, wenn die Verletzung seiner öffentlich rechtlich geschützten In-dividualinteressen, insbesondere des Rechts auf körperliche Unversehrtheit und des Eigentümern Betracht kommt. Ein derartiger Fall ist indessen hier nicht gegeben. Sie begründen vielmehr Ihren Widerspruch mit der nicht oder nicht hinreichenden Sub-sumtionstätigkeit der Straßenverkehrsbehörde, unzureichende Berücksichtigung beachtlicher Entscheidungsvorgaben, hier der Verwaltungsvorschrift zur StVO und daraus resultierend fehlerhafter Ermessensausübung. Sie rügen offensichtlich nicht die Verletzung öffentlich rechtlicher Individualinteressen.

Ihre Interessenslage stellt darauf ab, den Verkehr in der Gottlieb-Daimler-Straße so zu regeln, dass Radfahrer den Sonderweg an der Nordseite nicht benutzen müssen (Aufgabe der mit Verkehrszeichen 240 StVO verbundenen Benutzungspflicht).

2. Darüber hinaus ist der Widerspruch unbegründet.

2.1. Von der Gemeinde Stuhr – Straßenverkehrsbehörde – werden Teilabschnitte der Gottlieb-Daimler-Straße hinsichtlich der Radwegbenutzungspflicht unterschiedlich bewertet. Mit Blick auf die Verkehrsbelastung und Zusammensetzung des Verkehrs nach Art und Menge auf dem Abschnitt zwischen B 6 und Rudolf-Diesel-Straße ist dieses sachgerecht. Über das „Ob und Wie” von Verkehrsregelungen entscheidet die Straßenverkehrsbehörde auf der Grundlage gesetzlicher Ermächtigung in § 45 StVO und des ihr eingeräumten Ermessens allein.
2.2. Es ist nicht zu beanstanden, wenn die Straßenverkehrsbehörde bei Berücksichtigung der Örtlichkeit und der verkehrlichen Verhältnisse (eingeschlossen die Situation an der Einmündung der Gottlieb-Daimler-Straße in die B 6) das Abwägungsgebot beachtend zu dem Ergebnis kommt, die Fahrbahnbenutzung sei dem Radverkehr nicht zuzumuten, weil das Risiko einer Beeinträchtigung öffentlich-rechtlich geschützter Individualinteressen gegenüber einer „normalen Verkehrsteilnahme” erheblich übersteigt und dieses im wesentlichen mit der Verkehrsbelastung sowie der Zusammensetzung des Verkehrs nach Art und Menge begründet.
2.3.  Eine unzureichende Berücksichtigung der Verwaltungsvorschriften zur StVO vermag ich nicht zu erkennen.
Die Gottlieb-Daimler-Straße liegt innerhalb einer geschlossenen Ortschaft. Nach der Verwaltungsvorschrift II Nr. 2 a zu § 2 Abs. 4 Satz 2 StVO soll die licht Breite gemeinsamer Fuß- und Radwege innerorts mindestens 2,50 m betragen. Von den Mindestmaßen kann jedoch auf kurzen Abschnitten ausnahmsweise abgewichen werden, wenn es auf Grund der örtlichen und verkehrlichen Verhältnisse erforderlich und verhältnismäßig ist. Von dieser Möglichkeit hat die Gemeinde Stuhr auf dem ca. 130 m langen Abschnitt der Gottlieb-Daimler-Straße Gebrauch gemacht und zwar nach pflichtmäßigem Ermessen und im öffentlichen Verkehrsinteresse. Gemessen an dem relativ geringen Aufkommen an Fußgängern und Radfahrern (eigene Feststellungen) ist der befestigte Verkehrsraum einschließlich Sicherheitsraum ausreichend, um die Radwegbenutzungspflicht anzuordnen.

2.4. Es ist auch nicht zu beanstanden, wenn die Radwegbenutzungspflicht nicht über die Einmündung der „Rudolf-Diesel-Straße” hinaus vorgeschrieben wird.

Nach der Vorfahrtregelung ist der motorisierte Verkehr aus der Rudolf-Diesel-Straße und der aus Richtung Robert-Bosch-Straße in Richtung Rudolf-Diesel-Straße querende motorisierte Verkehr gegenüber dem Radfahrer auf dem Sonderweg wartepflichtig. Ebenso gilt dieses für Abbieger von der Gottlieb-Daimler-Straße in die Rudolf-Diesel-Straße.

Dass sich Radfahrer, dort wo ein Sonderweg endet in den fließenden Verkehr auf der Fahrbahn bei Beachtung der Verkehrsregeln einzuordnen haben, dürfte den Verkehrsteilnehmern dieser Verkehrsart bekannt und innerhalb von Ortschaften grundsätzlich weniger problematisch sein.

2.5. Die Freihaltung von notwendigen Sichtflächen, hier außerhalb des öffentlichen Straßenraumes, obliegt abgestellt auf die Örtlichkeit an der Einmündung Rudolf-Diesel-Straße/Gottlieb-Daimler-Straße dem Grundstückseigentümer bzw. dem Verfügungsberechtigten.
Von der Gemeinde Stuhr sind in der Eigenschaft als Straßenbaulastträger erforderliche Maßnahmen zu treffen, wenn die Freihaltung öffentlicher Sichtflächen nicht erfolgt und daraus Verkehrsbeeinträchtigungen resultieren. Eine sich aus dem Straßenrecht ergebende Verpflichtung zur Freihaltung von die Sicht behindernden Bewuchs auf Flächen neben der Straße und sich daraus ergebende Verkehrsbeeinträchtigungen haben keinen Einfluss auf die Ermessensausübung der Straßenverkehrsbehörde und die zu treffende straßenverkehrsrechtliche Entscheidung.

2.6. Hinsichtlich der verkehrlichen Situation an der Einmündung Rudolf-Diesel-Straße/Gottlieb-Daimler-Straße will die Gemeinde Stuhr außerhalb des Widerspruchsverfahrens zusammen mit der Polizei im Rahmen einer Verkehrsschau eine Überprüfung vornehmen. Hierauf hat die Gemeinde Stuhr Ihnen gegenüber hingewiesen. Im Rahmen der Verkehrsschau soll festgestellt werden, ob Verbesserungen möglich sind.

Die für den Radverkehr auf der Gottlieb-Daimler-Straße gefundene Lösung trifft für mich nachvollziehbar auf keine veränderte Verkehrssituation und erfordert deswegen keine Änderung der Verkehrsregelung.

Bevor ich über Ihren Rechtsbehelf entscheide gebe ich Ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme.

Freundliche Grüße

Leave A Reply