Radreise durch Tschechien und die Slowakei

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vom Elbesandsteingebirge zu den Kleinen Karpaten

Dazwischen liegen zwei äußerst traditionsreiche Staaten, die zur Mitte Europas und seit dem 1. Mai 2004 zur EU gehören: Tschechien und die Slowakei (nahe der tschechischen Grenze liegt in der Tat das geografische Zentrum Europas). Während Tschechien vielen Städtereisenden durch Prag ein Begriff ist, ist die Slowakei wohl für die meisten Deutschen immer noch ein relativ unbekanntes Land. Wir wollten unsere Nachbarn noch etwas näher kennen lernen und wie ginge das besser als mit dem Fahrrad. Hier ein kleiner Reisebericht, der vielleicht auch anderen Appetit macht auf unsere interessanten Nachbarn im Osten:

Natürlich bevorzugen besonders Fahrradtouristen in bergigen Regionen die Wege entlang der Flussläufe. So ist das Elbetal, flankiert von dem beeindruckenden Sandsteingebirge, das ideale Einfallstor nach Tschechien.

Dresden ist folglich ein guter Ausgangspunkt für eine Radreise durch die Mitte Europas. Wer Dresden noch nicht kennt, sollte sich aber mindestens eine Stippvisite spendieren. Wir sind gleich durchgestartet und haben unsere erste Nacht, kurz vor der Grenze, in Bad Schandau verbracht. Die erste Etappe in Tschechien über Decin und Usti bis nach Litomerice ist durch den äußerst reizvollen Verlauf der Elbe und das begleitende Sandsteingebirge mit seinen häufig bizarren Felsformationen geprägt.

 

Bei Usti passiert man die legendäre Burgruine Schreckenstein auf einem fast 600 Meter hohen Sandsteinfelsen, bis man in das auf einem Hügel gelegene Städtchen Litomerice am Zusammenfluss von Elbe und Eger gelangt. Farbenfrohe und schmuck verzierte Häuser umringen hier den großzügigen Marktplatz, an dessen Seite sich auch der stilvolle Dom befindet.

Republik Tschechien

Einwohner: ca. 10,3 Mio
Fläche: 78 866 qkm
Haupstadt: Prag
Geld: Euro
Nationalitäten: Tschechen 94%, Slowaken 3%, andere 3%.
Republik Slowakei
Einwohner: ca. 5,4 Mio
Fläche: 49 030 qkm
Haupstadt: Bratislava
Geld: Euro
Nationalitäten: Slowaken 85%, Ungarn 10%, andere 5%

Reise-Telegramm

Reisezeitraum:     9. Mai bis 24. Mai 2005 (eischl. An-/Abreise)
Streckenlänge:     ca. 1.100km (100km per Bahn Linz-Passau)
Hinreise:    Per Bahn Bremen–>Dresden, 1x Umsteigen
Rückreise:     Per Bahn Passau–>Bremen, Direktverbindung
Bericht: Rolf Kasper, Weyhe  + Fotos: Willi Dekarz, Stuhr


Auf dem weiteren Weg über Roudnice nach Melnik passiert man auf der südlichen Elbeseite zunächst die Gedenkstätte Terezin (Theresienstadt), ein Relikt aus der finstersten Zeit deutscher Geschichte. Diese alte Garnisonsstadt mit ihren kolossalen Festungsmauern bedeutete als jüdisches Ghetto und Durchgangslager nach Auschwitz und Treblinka für Zigtausende von Menschen einen grausamen Tod.

Nach dem engen Elbetal öffnet sich hier nach Süden hin eine ausgedehnte Ebene in der schließlich die auf einem Hügel gelegene Stadt Melnik mit ihren vorgelagerten Weinhängen und dem weithin sichtbaren Renaissanceschloss wie ein Fels in der Brandung hervorragt. Auf der Terrasse des Schlosses kann man bei einem Grünen Veltiner den herrlichen Blick auf die Elbe und die hier einmündende Moldau genießen. Melnik ist das erste und wichtigste Weinanbaugebiet Böhmens.


Ruhige Nebenstrecken führen über die historisch interessante, durch die Elbe getrennte, Stadt St. Boleslav–Brandys nach Nymburg, wo einer der reizvollsten Wege entlang der Elbe verläuft. Hier kann man auf einer breiten Asphaltpiste unbesorgt dem ausgewiesenen Elberadweg [2] bis nach Kolin folgen, der in vielen anderen Abschnitten jedoch leider nur für Mountainbiker ohne Reisegepäck geeignet ist. Das hübsche Thermalbad Podebrady lohnt einen Zwischenstopp, direkt an der Elbebrücke kann man sehr gut und preiswert speisen, aber nicht nur hier wie man schnell feststellt.

Ein gotisches Kleinod ist die Stadt Kutna Hora (Kuttenberg), die einen Abstecher wert ist. Besonders beindruckend ist das schon aus der Ferne sichtbare Zeltdach des fünfschiffigen Doms St. Barbara. Wer Prag einen Besuch abstatten möchte, dem bietet sich hier eine Basisstation, Busse verkehren im Stundentakt zur Goldenen Stadt an der Moldau.

Wieder an der Elbe in Richtung Pardubice durchfährt man ein herrliches Landschaftsgebiet, wo sich auch die weltbekannten Pferdegestüte von Kladbruby befinden. Ausgedehnte Pferdeweiden und gepflegte Stallungen ziehen den Blick auf sich. Als nächstes Highlight präsentiert sich die Renaissancestadt Pardubice mit ihren schönen Bürgerhäusern rund um den zentralen Platz. Das älteste und schönste Haus ist mit einem Relief verziert, welches Jonas im Maul des Walfisches zeigt. Hier ist nun auch der Punkt, wo sich die Elbe nach Norden hin verabschiedet und man peu a peu die Niederungen dieses Stromes verlässt. Auf dem Weg über Vysoke Myto nach Lytomysl sind schon so einige Berg- und Talfahrten drin, obwohl man sich das idyllische Flusstal der Loucna zu Nutze machen kann.


Die Ostböhmische Kleinstadt Lytomysl, deren zentraler Platz von lauter Arkaden gesäumt ist, ist durch ihr jährliches Opernfestival bekannt, welches sie dem hier geborenen Komponisten Bedrich Smetana zu verdanken hat. Sehens-wert ist auch das zum Unesco-Kulturerbe zählende Schloss, dessen Fassaden mit den landestypischen Sgraffitis kunstvoll verziert sind.

Im ständigen auf und ab verläuft der Weg über Bystre und Lysice Richtung Brno durch abwechselungsreiche Landschaften, verschlafene Dörfer und kleine, urige Täler. Das Angebot an Unterkünften in dieser Region ist allerdings rar, so waren wir froh in Lisyce ein Zimmer zu bekommen. In dem Zehnzimmerhotel war allerdings nur ein Zimmer bedingt nutzbar, wohlweißlich hat dann auch der angesäuselte Besitzer vor der Besichtigung mit uns durch reichlich selbstgebrannten Sliwowiz die „Butze“ schöngetrunken. Schließlich haben aber Alkohol und der Preis von 13 Euro für das Doppel unsere vier Augen zugedrückt.


Von Lisyce aus sind es nur noch ca. 45 km bis in die mährische Metropole Brno (Brünn), das kam der Zeit zugute, die man sich für diese historisch äußerst interessante Hügelstadt, auch das Paris Mährens genannt, nehmen sollte. Brno, die Stadt der Musik und Kunst, der Kirchen und Klöster mit ihren schönen Plätzen und reichverzierten Häuserfronten, lädt selbstverständlich zum längeren Verweilen ein.

Obligatorisch ist natürlich auch die Besichtigung der Festung Spielberk auf dem Hügel westlich der Stadt. Die ausgedehnten Kasematten dienten bereits den Habsburgern als Gefängnis und der Gestapo im zweiten Weltkrieg, um „Staatsfeinde“ zu verwahren.


Südlich von Brno bietet sich die Flussebene der Svitava und Svratka zum Weiterradeln an. Auf der sehr gut ausgeschilderten Svitava-Route [4] erreicht man auf schönen, teilweise durch Naturparks (unten) verlaufenden Radwegen und Nebenstraßen den gewaltigen Stausee Nove Mlyny, den man mittig über einen Damm überqueren kann. Auf der Südseite passiert man den Ort Dolni Vestonice, wo man u.a. die berühmte Venus von Westonitz (2500 Jahre alt) gefunden hat. Ein Kleinod besonderer Art ist das in Grenznähe zur Slowakei liegende Städtchen Mikulov. Ein nobles Schloss, idyllische Plätzchen und reich verzierte Bürgerhäuser prägen diesen hübschen Ort.

Das ist aber noch nicht alles in dieser Ecke, denn auf dem Weg zum Grenzübergang bei Lanzhot ist Lednice geradezu ein Muss. Das Schloss Eisgrub mit seinem riesigen Park und dem einladenden Barockgarten gehört zu den meistbesuchten Touristenzielen Tschechiens.

Palmenhaus, Burgruine, Schloss und ein 63 Meter hohes Minarett sind Teile der zum Unesco-Kulturerbe zählenden Sehenswürdigkeiten.

Mit diesen tollen Eindrücken verließen wir Tschechien und radelten problemlos über die Grenze in das Nachbarland Slowakei. Mit dem Grenzwechsel hatte uns aber auch ein herber Wetterwechsel erwischt, anhaltend schlechtes Wetter mit strömenden Regen veranlasste uns zu einer Kursänderung. Statt ursprünglich geplant bei Jablonica die Kleinen Kaparten zu überqueren und über Trnava nach Bratislava zu fahren, entschieden wir uns für das von Flüssen durchzogene Naturschutzgebiet entlang der Grenze zu Östereich. Weithin unberührte Natur pur. Zum Jubeln veranlasst dann noch mal die Strecke von Nova Ves entlang der Morava, die kurz vor Bratislava in die Donau fließt. Damit hatten wir nicht nur das Ziel unserer 16. tägigen Radreise vor Augen, sondern auch wieder einen Lichtblick am Himmel. Bratislava, wenngleich auch nicht so pompös wie die großen Donauschwestern Wien und Budapest, ist ein echter Geheimtipp. Kunst, Kultur, Architektur, tolle Kneipen und Cafes sowie historische Highlights, alles dieses kann sich mit den anderen Donaumetropolen durchaus messen. Wir haben die Hauptstadt der Slowaken jedenfalls genossen.

Ein Blick zurück auf eine lebendige Stadt in der Mitte Europas.

Bei Bratislava hat man bekanntermaßen auch den Einstieg in den beliebten Donauradweg, dem wir dann noch bis Passau gefolgt sind. Wien ist natürlich auch für Kenner immer wieder ein Erlebnis. Beeindruckend ist auch die Weinregion der Wachau, die Scharen von Radtouristen anzieht, aber auch ein beliebtes Ausflugsziel für die Österreicher selbst darstellt. Das wirkt dann schon sehr massentouristisch, wenn man aus Ländern kommt, in denen Reisende mit dem Fahrrad eher eine Seltenheit sind und die Quartiersuche kann dann durchaus auch schon mal schwierig werden, wie wir feststellen konnten.

Juni 2005 Rolf Kasper


Tschechien u. Slowakei KOMPAKT – KOMPAKT

Charakteristik: Beide Länder befinden im wirtschaftlichen Aufwind mit starker Orientierung nach Europa, besonders Tschechien kann eine erfolgreiche Entwicklung verbuchen. Selbst in ländlichen Regionen ist der intensive Bau von Eigenheimen zu beobachten. Beide Länder haben jedenfalls noch Potenzial auf vielen Gebieten, das macht diese Länder auch (noch) so interessant für entdeckungsfreudige (Rad)Touristen.

Reiseführer und Infos: Diverse Reiseführer sind im Angebot, geeignet sind die weniger voluminösen z.B. von Marco Polo, weniger brauchbar sind solche, die sich an Routenvorschläge (für Autofahrer) orientieren. Infos: z.B. Länderinfos beider Länder vom ADFC. Internet:www.adfc-de.

Karten: Euro Cart Tschechien 1:300 000, Maco Polo Slowakei 1:200 000, beide Karten sind für das dortige Netz ausreichend gut auch für Radreisende geeignet. Die Übersichtskarte von Marco Polo über beide Länder im Maßstab 1:650 000 ist gut als Ergänzung brauchbar, weil in dem zugehörigen Begleitheft (Reiseguide) viele Sehenswürdigkeiten beschrieben sind, die in der Karte mit Nummerierung markiert sind.

Anreise: Hinfahrt von Bremen mit der DB-AG bis Dresden bzw. regional weiter bis Bad Schandau. Zurück z.B. von Passau oder z.B. alternativ von Bratislava, oder auch über Prag zurück nach Dresden. Hier sind jedoch die Besonderheiten des grenzüberschreitenden Fahrradtransports zu berücksichtigen und zu hinterfragen.

Verständigung: Es ist ratsam sich mit ein paar Vokabeln und Ausspracheregeln auszustatten. Die beliebten Kauderwelsch-Sprachführer Tschechisch und Slowakisch können dabei sehr hilfreich sein. Erfreulicherweise sind sich beide Sprachen sehr ähnlich und werden untereinander auch mindestens verstanden. Vor allem junge Leute sprechen in den Städten sehr häufig englisch, häufig auch deutsch..

Unterkünfte: In den meisten größeren Orten findet man Hotels und Pensionen unterschiedlichen Standards, in Urlaubsgebieten auch Campingplätze mit Hütten, Pensionen und Privatunterkünfte. Die Preise liegen (noch) bei etwa der Hälfte unserer Übernachtungskosten (was etwa auch für Essen und Trinken zutrifft). das gilt natürlich nur bedingt für die Groß- und Hauptstädte wie Prag und Bratislava..

Reiseverlauf: (entgegen Planung wurden Verlauf u. Etappen in der Slowakei den z.T. schlechten Wetterbedingungen angepasst.)

Dresden- 70km- Bad Schandau(1.Ü)- 80km- Litomerice(2.Ü)- 84km- Brandys(3.Ü)- 92km- Kutna Hora- 65km- Pardubice(4.Ü)- 70km- Litomysl(5.Ü)- 77km- Lysice(6.Ü)- 46km- Brno(Brünn)(7.Ü)- 81km- Lednice(8.Ü)- 57km-Malady(SK)(9.Ü)- 64km- Bratislava(10.Ü)- 95km- Wien(11.Ü)- 99km- Wallsee(12.Ü)- 46km- Linz- Zug Passau(13.Ü).

Beschilderte Routen: Elbe-Radweg CZ [ NR. 2], Svitava-Radweg CZ [NR. 4], Morava-Radweg SK, Donauradweg A,D. Sonstige in Abschnitten, für die jedoch landesübliche Radregionalkarten nötig sind.

Streckenprofil: Insbesondere an Elbe und Donau ist das Gelände überwiegend eben, gelegentlich Steigungen können mit jedem Reiserad bewältigt werden. In allen anderen Regionen sind Höhezüge zumindest teilweise zu überwinden, wo das Rad vielleicht auch mal geschoben werden muss. Berg- und Talfahrten sind unvermeidlich.
Von Brünn bis Bratislava gibt es kaum noch Steigungen, das grenznahe Gebiet in der Slowakei ist Flachland.

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