Weyhe: Dunkelampel statt Nachtabschaltung

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An mehreren Kreuzungen entlang der L335 in Weyhe wurde 2019 das Ampelprogramm von Nachtabschaltung auf „Dunkelampel“ geändert. Das Queren der Hauptstraße ist jetzt zu jeder Tages- und Nachtzeit sicher möglich.

Wir hatten uns seit langem, auch im Rahmen der Lokalen Agenda 21, für eine Abschaffung des bisherigen Signalprogramms stark gemacht, denn die sog. „Nachtabschaltung“ entsprach weder den Sicherheitsbedürfnissen der Bevölkerung noch den rechtlichen Rahmenbedingungen. Insbesondere war die Nachtabschaltung der kompletten Ampelanlagen nicht weiter tragbar, weil die Ampeln bereits am frühen Abend und sogar am Wochenende auch tagsüber ausgeschaltet waren.

Nachtabschaltung nur im Ausnahmefall

Zuerst einmal ist festzustellen, dass die Verwaltungsvorschriften zu Lichtsignalanlagen vorgeben, dass LSA „in der Regel“ ständig in Betrieb zu sein haben. Das Abschalten wäre also ein begründungsbedürftiger Ausnahmetatbestand. In der autovernarrten Vergangenheit haben sich die Behörden keinen Kopf drum gemacht. Mittlerweile geht es auch anders.

Kein Nachteil für Autofahrer — mehr Sicherheit für Radfahrer + Fußgänger

Nicht zuletzt aufgrund unserer Anregungen hin wurde nun folgendes Signalprogramm realisiert:

  • Hauptzeiten: Anlage ist ständig in Betrieb, aber verkehrsabhängig geschaltet per Induktionsschleifen bzw. Druckknöpfchen.
  • Nebenzeiten: Anlage wird auf „Dunkel“ gestellt. Die Druckknöpfe sind aber weiterhin aktiv, die Fußgänger oder auch Radfahrer können den Kfz-Verkehr bei Bedarf stoppen. Da es sich um vollständige Kreuzungen mit 4 Zufahrten handelt, schaltet die Ampelanlage dann „Alles Rot“ für den Kfz-Verkehr. Also erst Gelb und dann Rot an allen Zweigen. Das geht sehr flott. Und ebenso flott geht es dann wieder auf „dunkel“ zurück. Durch die „Alles Rot“-Schaltung wird ein (ansonsten erforderliches) langwieriges komplettes „Anfahren“ des regulären Signalprogramms vermieden.

Die Weyher Straßenverkehrsbehörde stieß bei den Ampel-Firmen nicht gerade auf Begeisterung. Denn offensichtlich ist diese Art der LSA-Schaltung noch nicht sehr verbreitet.

 


Für Nachahmer: Muster-Antrag

Wer Lust hat, bei sich vor Ort aktiv zu werden, der mag sich hier ein paar Textbausteine herausgreifen. Alles ohne Gewähr! Rechtlichen Rat bekommt man beim Rechtsanwalt.

Muster: Antrag wegen Nachtabschaltung

Landkreis…. /  Stadt… / Gemeinde…
Der Landrat… / Der Bürgermeister
zzzzzort

zzzort, xx.xx.202x

Antrag auf Erlass verkehrsregelnder Maßnahmen

Lichtzeichensteuerung XXXXstraße / YYYYstraße in ZZZZZort

 

Sehr geehrter Herr Landrat/Bürgermeister,

wir bitten um Erlass verkehrsregelnder Maßnahmen bezüglich des Signalprogrammes der Lichtzeichenanlage am Knotenpunkt

XXXXXstraße / YYYYYYYstraße in ZZZZZZort

unter besonderer Berücksichtigung der Samstage, Sonntage, Abend- und Morgenstunden.

 

 

Begründung

I. Örtlichkeit

Die xxxxx-Straße ist eine ausgewiesene Vorfahrtstraße (Zeichen 305 StVO) und eine Hauptverkehrsstraße der Kategorie xxxx. Am Knotenpunkt xxxstraße/yyyystraße ist eine Lichtsignalanlage vorhanden.

II. Aktuelle Schaltzeiten

Die Lichtzeichenanlage ist nur temporär in Betrieb:

in Betrieb: Mo. – Fr. xx.xx Uhr bis xx.xx Uhr
außer Betrieb: Mo. – Fr. xx.xx Uhr bis xx.xx Uhr
Samstag xx.xx Uhr bis xx.xx Uhr
Sonntag xx.xx Uhr bis xx.xx Uhr

III. Beachtliche Rechtsvorschriften

Die Straßenverkehrsbehörde ordnet Wechsellichtzeichen und deren Schaltprogramm an, § 37 StVO. In den Verwaltungsvorschriften zu § 37 StVO, Zu den Nummern 1 und 2 ist normiert:

„V. Häufig kann es sich empfehlen, Lichtzeichenanlagen verkehrsabhängig so zu schalten, dass die Stärke des Verkehrs die Länge der jeweiligen Grünphase bestimmt. An Kreuzungen und Einmündungen, an denen der Querverkehr schwach ist, kann sogar erwogen werden, der Hauptrichtung ständig Grün zu geben, das von Fahrzeugen und Fußgängern aus der Querrichtung erforderlichenfalls unterbrochen werden kann.

VI. Lichtzeichenanlagen sollen in der Regel auch nachts in Betrieb gehalten werden; ist die Verkehrsbelastung nachts schwächer, so empfiehlt es sich, für diese Zeit ein besonderes Lichtzeichenprogramm zu wählen, das alle Verkehrsteilnehmer möglichst nur kurz warten lässt. Nächtliches Ausschalten ist nur dann zu verantworten, wenn eingehend geprüft ist, dass auch ohne Lichtzeichen ein sicherer Verkehr möglich ist. Solange Lichtzeichenanlagen, die nicht nur ausnahmsweise in Betrieb sind, nachts abgeschaltet sind, soll in den wartepflichtigen Zufahrten gelbes Blinklicht gegeben werden.“

Lt. VwV sind Lichtzeichenanlagen in der Regel also dauernd in Betrieb zu halten. In Schwachlastzeiten können auch besondere Schaltprogramme gefahren werden (Nummer V.). Des Weiteren ist unter bestimmten Rahmenbedingungen eine „Nacht“abschaltung zulässig (Nummer VI). Die am Knotenpunkt XXXXXX / YYYYYYstraße praktizierte „Wochenend-Abschaltung“ am Samstag und Sonntag ist von der VwV hingegen nicht vorgesehen.

Bei ihrer Ermessensentscheidung ist die Straßenverkehrsbehörde an die Vorgaben der ermessenslenkenden VwV-StVO gebunden. Eine Abweichung vom Regelfall setzt einen atypischen Sachverhalt voraus (OVG Lüneburg, Beschl. v. 05.12.2003 – 12 LA 46703 -, juris, Rn. 14):

„Die Straßenverkehrsbehörde hat grundsätzlich einen Ermessensspielraum, wie sie eine bestehende Konfliktlage bewältigt (vgl. VG Hannover, Urteil vom 14. Juni 2016 – 7 A 13494/14 – juris, Rn. 27). In ihrer Ermessensentscheidung hat sie die betroffenen bzw. widerstreitenden Interessen der verschiedenen Arten von Verkehrsteilnehmern unter Berücksichtigung der relevanten örtlichen Gegebenheiten umfassend gegeneinander abzuwägen und die Konfliktlage für alle Verkehrsteilnehmer zumutbar aufzulösen (ibid., m.w.N.). Dabei ist die Straßenverkehrsbehörde bei ihrer Ermessensentscheidung zunächst an die Vorgaben der VwV-StVO gebunden (ibid, unter Verweis auf Nds. OVG, Beschluss vom 5. Dezember 2003 – 12 LA 467/03 -, juris, Rn. 14). Die Verwaltungsvorschrift soll – im Rahmen der Bundesaufsicht bei landeseigenem Vollzug von Bundesrecht – gewährleisten, dass verkehrsbehördliche Anordnungen im ganzen Bundesgebiet nach den gleichen Grundsätzen erfolgen (vgl. VG Hannover, ibid.). Es handelt sich dabei im Rahmen des § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO um eine ermessenslenkende Verwaltungsvorschrift, die eine einheitliche Ermessensausübung auf der Rechtsfolgenseite sicherstellen soll. Die Straßenverkehrsbehörde kann im Ergebnis der Abwägung auch von den Vorgaben der VwV-StVO abweichen. Dies setzt aber einen atypisch gelagerten Sachverhalt voraus (ibid., m.w.N.), […]“

VG Hannover, Urt. v. 14.08.2019, 7 A 6675/17

IV. Abwägung

Ein atypischer Sachverhalt, der ein Abweichen von den Verwaltungsvorschriften zu § 37 StVO begründen könnte, ist nicht ersichtlich. Die XXXXX ist eine normale innerstädtische Hauptverkehrsstraße ohne atypische Besonderheiten. Es gibt also keinen in der VwV liegenden Grund, die LZA am Samstag oder am Sonntag oder am Abend abzuschalten. Schon gar nicht ist das ungebremste, zügige Vorankommen des Kfz-Verkehrs auf einer Innerortsstraße ein geeignetes Kriterium, um eine Lichtsignalanlage am hellen Tage abzuschalten. Zusammenfassend dürfte die aktuelle Lichtsignalschaltung rechtswidrig sein.

Unsere Empfehlung für eine verkehrsabhängige Steuerung

Es steht der Behörde offen, eine verkehrsabhängige Lichtsignalschaltung nach Nummer V. zu realisieren, die die Bedürfnisse der schwächeren Verkehrsteilnehmer, insbesondere der älteren Menschen, der Fußgänger und der Kinder berücksichtigt:

  • Modus „Hauptzeit“: Volles Signalprogramm wie bisher an Wochentagen
  • Modus „Nebenzeit“: Betrieb ähnlich einer Dunkelampel
    • Grund-Betriebszustand: Dunkel / Anforderungstaster in Bereitschaft
    • Bei Fußgänger-Anforderung wird „Alles ROT“ für den Fahrverkehr geschaltet. Gilt für ALLE Fahrtrichtungen gleichzeitig, auch für die Linksabbieger. Farbfolge: Gelb, Rot.

Die „Nebenzeit“ unterscheidet sich vom heutigen ausgeschalteten Zustand dadurch, dass querende Fußgänger und Radfahrer die Möglichkeit haben, den Fahrverkehr per Anforderungstaster auf „Rot“ zu schalten, um eine gesicherte Querung zu ermöglichen. Für den Kfz-Verkehr würden sich keine nennenswerten Nachteile ergeben. Für die Fußgänger und Radfahrer hingegen bedeutet die 24-Stunden-Verfügbarkeit der LZA ein Sicherheitsgewinn.

Wir bitten um Stellungnahme bzw. Bescheidung bis zum xxxxxxxxxx.

Mit freundlichen Grüßen

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